Schorsch Kamerun
Zelt
Von der Kunst des Täuschens
Aufgewachsen am „Bimmelsdorfer Strand“ wird Romanfigur Punk Tommi zum Profi im Überlisten von Cheftypen und Entwickler von dadaistischen Täuschungskonzepten – quasi als Überlebensstrategie im Deutschland der 70er und 80er Jahre, das vor allem in der Provinz noch von Vorgartennazis wimmelt und nicht zu vergessen: jungen Männern mit dem Wehrdienst droht. Auch nach dem Umzug in die große Stadt suchen die „genialen Dilettanten“ nach einer kollektiven Haltung der Gegenkultur: als „penniless jetset“, mit Anti-Kunst und ganz viel schlecht mitsingbarer Musik.
Wem das verdächtig nach Schorsch Kamerun klingt, liegt richtig. "Die Jugend ist die schönste Zeit des Lebens“ ist nicht nur ein Song, sondern auch Titel des Buches des Goldene Zitronen-Sängers, Theater-Regisseurs Pudel Club-Betreibers und Autors, das von der Subversionskarriere des Protagonisten Tommi erzählt. Dabei nutzt Kamerun auch in dem vermeintlich autobiografischen Roman den Fake als Kunstgriff, um gesellschaftliche Phänomene zu verdeutlichen: „Die Idee war, Erlebtes in Abstraktion und Fantasie zu übertragen. Man kann jetzt von einer Fake-Biografie sprechen, in der sich ein frecher Verwandter des Autors austobt, um dessen wichtigste Themen stellvertretend zu erleben.“ Auch Kamerun ist inzwischen längst Teil institutioneller Hochkultur – und bleibt dennoch Aktivist und Zweifler. Am Festival-Samstag liest er aus seinem Buch. Am Strand!