Die Goldenen Zitronen

Fr 02.08.2019
Zelt

The Great Punk-Swindle

Sie gelten als die „Chefverweigerer“ der deutschen Musikszene – die Hamburger Band Die Goldenen Zitronen steht wie kaum eine andere musikalische Institution in Deutschland für kontinuierliche Widersprüchlicheit. Das beginnt schon mit der Frage, ob es sich bei dem Hamburger Kollektiv überhaupt um eine Band oder ein „wandelndes Netzwerk klanggewordener Übermenschen“ handelt, wie es deren Selbstdarstellung nahelegt. Fest steht: Die Goldenen Zitronen gründen sich im Jahr 1984 aus der Punk- und Hausbesetzerszene heraus, deren eigene Dogmen sie bald zu einer Gegenbewegung gegen die Bewegung veranlassen: Mit Fransenjacken, Blümchenblusen und bösen Schlagerpersiflagen spielen die Zitronen-Mitglieder Aldo Moro, Ale Sexfiend, Schorsch Kamerun und Ted Gaier gegen die Humorlosigkeit und ästhetische Stagnation innerhalb der eigenen Szene an.

1986 erlangen die Goldenen Zitronen mit der Veröffentlichung der Single „Am Tag als Thomas Anders starb” – und dank hilfreicher Entrüstung von Bravo und Bild-Zeitung – größere Aufmerksamkeit. Sie avancieren zur amtlichen Skandalband und touren im Vorprogramm der damals aufstrebenden Toten Hosen. Der Funpunk-Style zieht allerdings auch ein hallenkompatibles Publikum an, das den ironischen Tabubruch und das  Konzept vom Punk innerhalb des Punk irgendwie missdeutet. Mit der dritten Albumveröffentlichung „Fuck You“ sucht man sich der grölenden Schnurbartträger aus der ersten Reihe zu entledigen. Anders als die „Hosen“ vollzogen die Zitronen bald eine radikale Kehrtwende: weg vom Funpunk, hin zum politischen Avantgarde-Pop. – Ob mit oder ohne Schnurbart: ein glasklarer Fall fürs WES. Willkommen, Zitronen!